Zukünftige Flusstemperaturen unter dem Einfluss des Klimawandels

Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Schweizer Gewässer, einschliesslich der Auswirkungen auf die Flusstemperaturen und den Abfluss, sind bereits heute zu beobachten. Im Rahmen des Forschungsprojektes[1] «Zukünftige Flusstemperaturen in der Schweiz unter dem Klimawandel – SwissFuRiTe» wurden für alle 82 Flussmessstationen des Bundesamts für Umwelt (BAFU) landesweite Projektionen der zukünftigen Flusstemperaturen simuliert (Abbildung 1).

Hierfür haben wir einen neuartigen Modellierungsansatz gewählt, der Lufttemperaturen aus 22 allgemeinen Zirkulations- und regionalen Klimamodellen (GCM-RCM) und Abflussprojektionen aus 4 hydrologischen Modellen als Input für 2 semi-empirischen Oberflächentemperaturmodellen kombiniert. Mit diesen Modellen konnten für die 3 Klimaemissionsszenarien (RCP2.6, RCP4.6 & RCP8.5) zukünftige Projektionen von Flusswassertemperaturen simuliert werden.

Die Flussmessstationen wurden gruppiert und die Ergebnisse nach Wärmeregimen analysiert (See, Mittelland/Jura, Alpine, Reguliert und Quellen), welche durch unterschiedliche thermische Prozesse flussaufwärts beeinflusst werden (Abbildung 1).

Mit dem Oberflächentemperaturmodellen air2stream[2] (Flüsse) und air2water[3] (Seen) konnte ermittelt werden, welches der beiden Modelle für die Settings der jeweiligen Flussmessstationen besser geeignet ist. Während air2stream an allen Standorten angewandt wurde, wurde das Modell air2water an Standorten angewandt, an denen der Einfluss von Seewasser flussaufwärts das Temperatursignal in den Flüssen dominiert.

Die Studie ergab, dass der wichtigste Faktor für die Höhe des Temperaturanstiegs bis zum Ende des 21. Jahrhunderts die Klimaemissionsszenarien sind (Abbildung 2). Für das RCP2.6-Szenario ist die mittlere Veränderung der Flusswassertemperatur vom Referenzzeitraum (1990 bis 2019) in die nahe (2030 bis 2059) und ferne Zukunft (2070 bis 2099) 0,8 bzw. 0,9 °C. Der grösste Temperaturanstieg kann für das RCP8.5-Szenario beobachtet werden, bei dem die mittlere Flusswassertemperatur in der nahen und fernen Zukunft für alle Stationen um 1,2 bzw. 3,1 °C ansteigt. Die Erwärmungsrate unterscheidet sich für jede Station in Abhängigkeit der vorgelagerten Prozesse. Darüber hinaus verstärken die saisonalen Trends der Lufttemperatur und des Abflusses die Erwärmung der Fliessgewässer im Sommer, als Resultat höherer Lufttemperaturen und geringerer Abflussmengen. Während die Zunahme der Abflüsse und die geringere Erwärmung der Atmosphäre im Winter auch zu einer geringeren Erwärmung der Fliessgewässer führen.

Eine Analyse thermischer Schwellen- und Extremwerte zeigt, dass Hitzewellen in der Schweiz in Zukunft wahrscheinlich zunehmen werden. Auf der Grundlage unserer Studie konnten wir besonders gefährdete Flussabschnitte identifizieren, zum einen solche, die bereits heute gefährdet sind, und zum anderen solche, die in Zukunft gefährdet sein werden.

Künftige Studien sollten darauf ausgerichtet sein, den lokalen negativen Auswirkungen des Klimawandels entgegenzuwirken. Die Ergebnisse unserer Studie können genutzt werden, um Flussabschnitte mit erhöhter Anfälligkeit zu identifizieren und gezielt Refugien für aquatische Organismen auszuweisen.

 

[1] Bundesamt für Umwelt (CH) BAFU-Projekt „Zukünftige Flusstemperaturen in der Schweiz unter dem Einfluss des Klimawandels“ 22.0007.PJ / 5C2F04B23 (04.2022 – 07.2023)

[2] Toffolon M & Piccolroaz S (2015) A hybrid model for river water temperature as a function of air temperature and discharge. Environ. Res. Lett. 10, 114011

[3] Piccolroaz S, Toffolon M & Majone B (2013) A simple lumped model to convert air temperature into surface water temperature in lakes. Hydrol. Earth Syst. Sci. 17, 3323–3338

Auftraggeber: Bundesamt für Umwelt (BAFU)

Projektlaufzeit: 2022 – 2023

Projektbearbeitung AUG: Love Råman Vinnå, Oliver Schilling & Jannis Epting

Abbildung 1: Thermische Regime der Fliessgewässer an den BAFU-Stationen.

Abbildung 2: Links: Modellierte jährliche mittlere Wassertemperatur der 82 Flussmessstationen für die Klimaszenarien RCP2.6 und RCP8.5. Dargestellt sind Projektionen von bis zu 23 gekoppelten GCM-RCM-Klimamodellen und 4 hydrologischen Strömungsmodellen nach Anwendung einer Trendverzerrungskorrektur. Die Flüsse sind nach dem thermischen Regime geordnet. Rechts: Violin-Plots der Statistik und Entwicklung der Gewässertemperaturen in naher und ferner Zukunft.